Norbert Scheuer sitzt auf einem Stuhl vor einer Wiese. Foto: Elvira Scheuer

Norbert Scheuer: „Mutabor“ – Wandlungen und Wanderungen zwischen Literatur und Philosophie

Am 9. Mai 2023 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

„Mutabor“ ist das Zauberwort aus dem Märchen „Kalif Storch“ von Wilhelm Hauff: „Ich werde mich verwandeln“. Zugleich ist es der Titel des wohl dunkelsten Romans von Norbert Scheuer, in dem ein Mädchen die Geheimnisse seiner Identität zu enträtseln versucht. Die Selbstverwandlung ist für die Figuren von Norbert Scheuer nicht nur häufig eine Wanderung in unbekannte Gefilde, vom Eifel-Örtchen Kall in ferne Länder ebenso wie zu den Ausgeburten der
eigenen Phantasie. Es ist für Scheuer immer auch eine Wanderung zwischen Philosophie und Literatur, zwischen Begriff und Metapher, zwischen Reflexion und Phänomenologie.

Ebenso wie die Heldin von „Mutabor“ zwischen ihrer unerklärten Realität und der mythischen Welt der griechischen Inseln hin- und hergerissen wird, sucht Norbert Scheuer in seiner Literatur nach dem Weg vom philosophischen Gedanken zum literarischen Bild. Eine Wanderung des Schriftstellers durch seine Romane „Mutabor“ und „Winterbienen“.

Der Schriftsteller Norbert Scheuer (Jg. 1951) stammt aus der Eifel. Seine Werke spielen im fiktiven Eifelort Kall im Urftland. Für seine Romane „Winterbienen“, „Überm Rauschen“ und „Mutabor“ wurde er mit dem Wilhelm-Raabe-Literaturpreis ausgezeichnet. Mehrere seiner Bücher standen auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.

Die Veranstaltung findet im Spiegelsaal des Kurhaus Baden-Baden statt.
Es wird eine Abendkasse geben.
Ein Büchertisch der Buchhandlung Strass wird für Sie Lektüren bereit halten.

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Foto: Elvira Scheuer

Dr. Michael Woll: Zackern an der Tradition. Celans Hölderlinlektüren

Am 21. März 2023 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

Hölderlin begleitet Paul Celan bis zu seinem letzten Band Lichtzwang, aus dem er 1970 zu
Hölderlins 200. Geburtstag liest. Wenige Wochen später nimmt er sich in Paris das Leben, auf dem
Schreibtisch findet man eine aufgeschlagene Hölderlin-Biographie.
Die Nähe zwischen beiden ist alles andere als selbstverständlich. Celan, dessen Eltern von den
Nationalsozialisten ermordet wurden, muss seinen Hölderlin gegen eine Rezeption gewinnen, zu der
die Gründung der Hölderlin-Gesellschaft 1943 unter Schirmherrschaft von Joseph Goebbels gehört.
Erst in Auseinandersetzung mit dieser Vereinnahmung kann er die Freiheit gewinnen, poetisch
Stellung zu Hölderlin zu beziehen. Wo ein Zeitgenosse spottete, »Hölderlin, wie immer halb
verrückt, zackert auch am Pindar«, wendet Celan das ›zum Acker gehen‹ als Gemeinsamkeit der
Dichter ins Positive: »und zackere an / der Königszäsur / wie Jener / am Pindar«. Die Lektüre von
Gedichten wie Andenken und Ich trink Wein zeigt Celans Umgang mit Hölderlin als Teil dieser
mühevollen Spracharbeit.


Dr. Michael Woll, geb. 1985, Studium der Germanistik und Mathematik, z.Zt. Feodor-Lynen-Stipendiat der
Alexander von Humboldt-Stiftung an der École Normale Supérieure, Paris. Zuletzt erschienen:
Hofmannsthals »Der Schwierige« und seine Interpreten (2019).

Die Veranstaltung findet im Spiegelsaal des Kurhaus Baden-Baden statt.
Es wird eine Abendkasse geben.
Ein Büchertisch der Buchhandlung Strass wird für Sie Lektüren bereit halten.

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Foto: Chris Korner

Hanjo Kesting (© Peter Köhn)

Fällt aus // Hanjo Kesting: Thomas Mann. Glanz und Qual

Am 21. März 2023 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

Mit großem Bedauern müssen wir den angekündigten Vortrag von Hanjo Kesting
absagen, da er plötzlich schwer erkrankt ist.

Wo er sei, da sei die deutsche Kultur. Immer klang diese berühmte Behauptung von Thomas Mann ein wenig zu selbstgewiss, mochte sie auch aus dem Exil gesprochen sein – von einem Schriftsteller, der vor den Nationalsozialisten geflohen war. Mit seinem Buch über „Glanz und Qual“ im Leben von Thomas Mann gelingt es Hanjo Kesting, jenen Worten ihren tieferen Sinn abzugewinnen. Denn Kesting zeigt, wie sich in den großen Romanen, Erzählungen und Reflexionen des Schriftstellers die Irrfahrt der deutschen Nation zu Beginn des 20. Jahrhunderts spiegelt. Thomas Manns eigene Wandlungen und Häutungen werden begreiflich als inwendiges Echo deutscher Geistesgeschichte. Kesting beschreibt, wie sich der Nietzscheaner und Verfallsprophet der „Buddenbrooks“ im „Zauberberg“ vom hochtrabenden Nationalismus seiner Zeit therapiert, wie er im Spätwerk mit dem „Erwählten“ und „Felix Krull“ die Meisterschaft eines ungebundenen, freien Spiels der Sprache erringt. Ein Buch, das die Werke Thomas Manns auf angenehme Weise von der Selbstfixierung befreit, mit der sie bis heute belastet scheinen.


Hanjo Kesting (geb. 1943) war langjähriger Leiter des Kulturellen Worts beim Norddeutschen Rundfunk und
Redakteur der Zeitschrift Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte. Er ist Verfasser und Herausgeber vieler
Bücher zur deutschen Literatur, u. a. über Th. Fontane, G. Grass, S. Lenz und die Gebrüder Mann.

Die Veranstaltung findet im Spiegelsaal des Kurhaus Baden-Baden statt.
Es wird eine Abendkasse geben.
Ein Büchertisch der Buchhandlung Strass wird für Sie Lektüren bereit halten.

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Foto: Hanjo Kesting (© Peter Köhn)

Denis Scheck: „Schecks kulinarischer Kompass“

Am 17. Januar 2023 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

Ein Kompass der Kulinarik – mit diesem Titel verspricht Denis Scheck nicht zu viel. Sein Buch ist kein abgehobenes Selbstporträt eines Bonvivant am Herd, sondern eine Reisebeschreibung. Warum essen wir, was wir essen? Was wissen wir über Lebensmittel, die Zutaten und die Zubereitung unserer Gerichte? Wie kocht man in Gesellschaft – oder in der Einsamkeit?

Die Kompassnadel von Denis Scheck ist ausgerichtet an Lebensfreude und großer Sachkenntnis. Der Literaturkritiker streift über Märkte und durch Küchen, spricht mit Köchinnen und Köchen. Er besucht Restaurants, die er als Bühnen des gesellschaftlichen Lebens betrachtet, und verankert seine Erlebnisse in der Literatur. Nicht in ausgeklügelten kulinarischen Romanbeschreibungen, sondern indem er auch Schriftstellerinnen und Schriftsteller als Esser und Genießer vorstellt.

Egal ob Scheck in London, Tokio oder im Schwarzwald unterwegs ist, ob ein mit Trüffeln gespicktes Huhn auf den Tisch kommt oder ein einfaches Abendbrot mit Salat und Meerrettich: Dieser kulinarische Kompass ist eine kleine, mit großer Hingabe geschriebene Reise durch unsere Zeit.

Denis Scheck, geboren 1964 in Stuttgart, ist der bekannteste deutsche Literaturkritiker und lebt in Köln. Er ist Moderator der Fernsehsendungen „Lesenswert“ im SWR und „Druckfrisch“ im Ersten. Bekannt wurde er auch mit „Schecks Kanon. Die 100 wichtigsten Werke der Weltliteratur“.

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Foto: Andreas Hornoff

fällt aus // Michael Woll: Zackern an der Tradition. Celans Hölderlinlektüren

Hölderlin begleitet Paul Celan bis zu seinem letzten Band Lichtzwang, aus dem er 1970 zu
Hölderlins 200. Geburtstag liest. Wenige Wochen später nimmt er sich in Paris das Leben, auf dem
Schreibtisch findet man eine aufgeschlagene Hölderlin-Biographie.
Die Nähe zwischen beiden ist alles andere als selbstverständlich. Celan, dessen Eltern von den
Nationalsozialisten ermordet wurden, muss seinen Hölderlin gegen eine Rezeption gewinnen, zu der die Gründung der Hölderlin-Gesellschaft 1943 unter Schirmherrschaft von Joseph Goebbels gehört.
Erst in Auseinandersetzung mit dieser Vereinnahmung kann er die Freiheit gewinnen, poetisch
Stellung zu Hölderlin zu beziehen. Wo ein Zeitgenosse spottete, »Hölderlin, wie immer halb
verrückt, zackert auch am Pindar«, wendet Celan das ›zum Acker gehen‹ als Gemeinsamkeit der
Dichter ins Positive: »und zackere an / der Königszäsur / wie Jener / am Pindar«. Die Lektüre von
Gedichten wie Andenken und Ich trink Wein zeigt Celans Umgang mit Hölderlin als Teil dieser
mühevollen Spracharbeit.


Dr. Michael Woll, geb. 1985, Studium der Germanistik und Mathematik, z.Zt. Feodor-Lynen-Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung an der École Normale Supérieure, Paris.
Zuletzt erschienen: Hofmannsthals »Der Schwierige« und seine Interpreten (2019).

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Wir wissen zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, welche Coronaregeln am 29. November gelten
werden. Unter diesem Vorbehalt bitten wir Sie zu beachten, dass der Einlass leider nur nach den am Vortragsabend gültigen Coronaregeln möglich ist und bitten darum, sich entsprechend zu informieren.

Foto: Chris Korner

„Alle haben vergessen, dass ich jüdisch bin. Ich nicht“. Andreas Isenschmid eröffnet uns einen neuen Zugang zum Werk von Marcel Proust.

15. November 2022 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

Veranstaltung in Kooperation mit der Deutsch-Französischen Gesellschaft

70 Jahre PHL: 1952 – 2022

Was soll an Marcel Proust jüdisch sein? War er nicht katholisch getauft und hat seine
Kindheitssommer im katholischen Illiers verbracht, das er in seinem Roman zu Combray geadelt
hat? Hat er nicht die christliche Kunst über alles geliebt und seinen Roman mit einer Kathedrale
verglichen? Stimmt. Und doch ist in der Tiefe alles anders. Den Hauptteil der warmen Monate
verbrachte Proust in Auteuil im Kreis der Verwandten seiner jüdischen Mutter. Der Antisemitismus
in der Dreyfus-Affäre warf ihn, ob er es wollte oder nicht, auf seine jüdische Herkunft zurück. Und
in seinem Roman gehören zu den wenigen Personen, die in allen Bänden auftreten, die jüdischen
Helden Swann und Bloch, mit denen er sich, wenn man nur genau liest, gerade im Jüdischen auf
abenteuerliche Weise identifiziert. Dieses halb verborgene und doch ganz bestimmende Jüdische ist das Thema von Isenschmid Buch „Der Elefant im Raum. Proust und das Jüdische“.

Andreas Isenschmid ist einer der profiliertesten deutschsprachigen Literaturkritiker. Nach Stationen bei Radio, Fernsehen und Zeitungen (Weltwoche, Tages-Anzeiger, NZZ) ist er heute Mitarbeiter der ZEIT und von 3sat. Zuletzt erschien Marcel Proust (Deutscher Kunstverlag, 2017). Der Elefant im Raum (Hanser Verlag 2022).

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Foto: Paulina Winkler

Eike Gebhardt über Jürgen Habermas – Lebensklugheit: Der Seiltanz politischer Philosophie

18. Oktober 2022 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

Kaum ein deutscher Intellektueller hat sich so kontinuierlich in die aktuelle Politik eingemischt wie
Jürgen Habermas – aus Prinzip: Öffentlichkeit war und ist ihm Inbegriff und Medium der
Demokratie. Längst aber ist diese nicht mehr, wie idealtypisch während der Aufklärung, die Arena
individueller Lebenswirklichkeiten, die ihre jeweiligen Geltungsansprüche verhandeln.
So jedenfalls beschrieb sie Habermas vor 60 Jahren in seinem epochalen Werk. Und heute?
Massenmedien, Digitalisierung und Globalisierung: Haben diese das Ideal beschädigt – oder ihm
neue Chancen beschert?
Soeben ist sein Neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit erschienen, der sogar in der Aufmachung an den Klassiker anschließt. Was ist geschehen mit der einstigen Rollenverteilung in Demokratien?


Dr. Eike Gebhardt, geb. 1942, Studium der Amerikanistik, Philosophie und Sozialwissenschaften an der FU-Berlin und der Yale University, Promotion 1972 (M.A.; Ph.D). Er war 13 Jahre Hochschullehrer, zuletzt als Professor an der City University of New York, Graduate School. Eike Gebhardt lebt heute in Berlin. 

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informieren.

Foto:  C. Giese

Tobias Roth über Gaspard Kœnigs Buch: Mit Montaigne auf Reisen

27. September 2022 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

Schon zum zweiten Mal betätigt sich der Lyriker Tobias Roth als kongenialer Übersetzer des französischen Starphilosophen Gaspard Kœnig und begibt sich mit ihm auf eine unglaubliche Reise. Kœnig wiederholt die Tour de Force des Philosophen und Essayisten Montaigne. Der reiste 1580 von seinem Landsitz im Südwesten Frankreichs bis nach Rom und benötigte dafür eineinhalb Jahre. Kœnig folgt dabei nicht nur der Reiseroute seines philosophischen Vorgängers. Wie Montaigne reist auch er dabei zu Pferd. Das klingt zunächst wie eine ehrgeizige Form des Eskapismus, nach Hape Kerkeling und dem Wunsch, „dann mal weg“ sein zu wollen. „Mit Montaigne auf Reisen“ liegt jedoch ein anspruchsvolles philosophisches Programm zugrunde: die Wiedereinübung des Individualismus. Ganz auf sich selbst gestellt versucht Kœnig, im Zufall der Begegnungen das eigene Leben und das selbst bestimmte Schicksal wiederzuentdecken. Ein Gegenprogramm zur Digitalisierung der Massen, deren Gefahren der Philosoph zuvor in seinem Bestseller „Das Ende des Individualismus“ beschrieben hatte.

Dr. Tobias Roth, Jahrgang 1985, ist Lyriker, Übersetzer und Essayist und wurde für seine vielfältigen Arbeiten bereits zweimal mit dem Bayerischen Kunstförderpreis ausgezeichnet. Neben seinen eigenen Anthologien stehen Übersetzungen unter anderem von Voltaire, Erasmus von Rotterdam und Stephen Greenblatt. Er ist Gründungsgesellschafter des Verlages Das Kulturelle Gedächtnis, der bereits zweimal mit dem Deutschen Verlagspreis sowie mit dem Berliner Verlagspreis ausgezeichnet wurde. Der von ihm bei Galiani herausgegebene Foliant Welt der Renaissance von 2020 stand auf der Spiegel-Bestsellerliste.

Wir freuen uns auf Ihr Kommen!

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Foto: Axel Gundermann/YEARROUNDMUNICH

Jochen Schimmang: Laborschläfer

3. Mai 2022 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

Schimmangs Hauptfigur, Rainer Roloff, ein studierter Soziologe mit „gebrochener Erwerbsbiografie“, führt als Privatgelehrter ein zurückgezogenes Leben. Als Proband einer Langzeitstudie zum Einfluss des Schlafs auf das Gedächtnis, bessert er seine schmale Rente auf. Dank seines Elefantengedächtnisses und seiner ausgeprägten Sensibilität für den Zusammenhang zwischen kollektiver und persönlicher Geschichte imaginiert er in seinen Traum-Protokollen eine „absurd-spielerische Historiografie der Bundesrepublik“ (H. Böttiger), die wir heute kennenlernen.

„Es geht mir hier … um das, was überhaupt erst die Literatur zum Atmen bringt und ein Buch lebendig werden lässt: das richtige Lesen. Wir sind uns einig, dass ein Buch, das nicht gerade irgendwo auf der Welt von einem richtigen Leser gelesen wird, mausetot ist. Einig sind wir uns vermutlich auch, dass das richtige Lesen eine der denkbar asozialsten Tätigkeiten überhaupt ist, denn wenn wir lesen, können wir keine Gesellschaft gebrauchen, zumindest keine menschliche, und ob unser Lesen jemals der Gesellschaft zugute kommt, steht dahin“. So Jochen Schimmang.

Schimmang, geboren 1948, lebt heute als freier Schriftsteller und Übersetzer in Oldenburg. Seine Bücher, um nur drei zu nennen „Der schöne Vogel Phönix“, „Grenzen, Ränder, Niemandsländer“, „Adorno wohnt hier nicht mehr“, sind zum festen Bestandteil der deutschen Nachkriegsliteratur geworden. 2021 erhielt er den „Italo-Svevo-Preis“ für sein Lebenswerk.

Foto: Karin Eickenberg

Flaubert übersetzen – Ein Abend mit Elisabeth Edl

22. März 2022 • 20.15 Uhr • Spiegelsaal • Kurhaus Baden-Baden

Traduire, c’est trahir, dass dem nicht so ist, beweist uns Elisabeth Edl mit ihrer von den Medien geradezu umjubelten Übertragung von Gustave Flauberts Meisterwerk „L’Éducation sentimentale“.

Bisher übersetzt mit „Erziehung des Herzens“ oder „Lehrjahre des Gefühls“, hat Edl sich für „Lehrjahre der Männlichkeit. Geschichte einer Jugend“ entschieden und uns beim Wiederlesen einen neuen Zugang zu diesem einzigartigen Roman geschenkt.

Stellvertretend für die vielen Lobeshymnen möge die Wertung von Andreas Isenschmid, einem profunden Literaturkritiker, Ihnen zeigen, welch literarisches Ereignis Sie erwartet:

Die ‚Lehrjahre‘ gehören zu den wenigen Romanen, die wahrhaft die Totalität einer ganzen Epoche darstellen… Das ist die gelungenste Klassiker-Ausgabe, die es seit Schönes ‚Faust‘ und Birus‘ ‚Divan‘ hierzulande zu kaufen gibt. Das 70-seitige Nachwort ist eine brillante Monografie für sich. Die 150 Seiten umfassenden Anmerkungen mit traumhaft gut gemachten Hinweisen zu Text und Textgeschichte sind von hoher Qualität … Erstmals liegt eine Übersetzung vor, die dem Präzisions- und Rhythmus-Fanatiker Flaubert vollauf gerecht wird.“ (Die Zeit, 08.10.20.)

Elisabeth Edl lehrte von 1983 bis 1995 deutsche Sprache und Literatur an der Universität und der École supérieure de commerce in Poitiers. Seit 1995 arbeitet sie als Literaturwissenschaftlerin und Übersetzerin in München. Für ihre Übersetzungen und Editionen französischer Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen. 2009 wurde sie zum Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung gewählt und zum Chevalier de l’Ordre des Arts et des Lettres der Republik Frankreich ernannt.

Eintritt 6 Euro an der Abendkasse. Eine vorherige Reservierung ist nicht nötig.

Wir wissen zum Zeitpunkt noch nicht, welche Coronaregeln am 22. März gelten werden. Unter diesem Vorbehalt bitten wir Sie zu beachten, dass der Einlass zur Veranstaltung leider nur nach den gültigen Coronaregeln (2G) möglich ist, bitte bringen Sie die entsprechenden Dokumente mit.

Foto: D. P. Gruffot